Es ist schon wieder passiert: Ein Zufall öffnet eine Wundertüte an interessanten Kontakten. Zufällig stieß ich im Internet auf „Bochum – Stadt der Vielen / Senior*innen erzählen vom Einwandern“. Das Projekt ist eine Einladung an ältere Menschen mit Migrationserfahrung, in einen gemeinsamen Austausch zu gehen, um über ihre Erfahrungen in Bochum zu sprechen und ihre Geschichten in dieser Stadt mitzuschreiben, so heißt es in der Projektlegende des IFAK e.V. — Verein für multikulturelle Kinder- und Jugendhilfe — Migrationsarbeit.
Da wir von RE/init e.V. Vernetzung immer klasse finden, rief ich an und fand in Patrick Ritter einen interessierten Gesprächspartner. Das Projekt in Bochum steckt noch mitten in der Recherche, aber es werden schon Interviews, Workshops und Erzählcafés durchgeführt. Ruckzuck war die Idee eines Transfer- und Austauschworkshops geboren: Was könnten die Bochumer von unserem Projekt lernen?
Sammler*innen von Biographien
Es wurde ein ganz besonderer Abend mit Menschen, die bereits Interviews geführt haben, gerade dabei sind oder welche planen. Bereits die kurze Vorstellungsrunde gab ein beeindruckendes Bild, das sich bei der soeben durchgeführten Recherche nach den Teilnehmenden noch sehr verstärkt hat – es lohnt sich auf die untenstehenden Links zu klicken! Jetzt bedauere ich es umso mehr, dass nur unser Projekt im Vordergrund stand. Gerne hätte ich noch mehr über die Teilnehmenden und ihre Initiativen erfahren. Hier in der Reihenfolge, wie sie sich an dem Abend im Q1 vorgestellt haben:
- Eva-Maria Ranft, Pfarrerin im Frauenreferat des Evangelischen Kirchenkreises Bochum, konzipierte die Ausstellung “Wie meine Hoffnung überlebt hat — Frauengeschichten von Flucht und Vertreibung”, die zuletzt von Mai bis Juni 2022 an der Evangelischen Hochschule Bochum zu sehen war.
- Agir Mustafa Birhimeoglu berichtete von seinem Einsatz als Fieldworker für den Bochumer Part des EU-Projekts „Specially un-known“. Es sammelte in vier europäischen Städten insgesamt 160 Lebensgeschichten von geflüchteten Menschen und fördert den Dialog in Begegnungen, Gesprächen und künstlerischen Ausdrucksformen. Aktuell arbeitet er im Projekt „samo.fa“, das Aktive aus Migrant*innenorganisationen in der Flüchtlingsarbeit stärkt.
- Anja Junghans vom LWL Industriemuseum Henrichshütte ist Agentin für Diversität. Der Förderverein des Museums führte Interviews für das Projekt “100 Hüttenleben”, in dem ehemalige Beschäftigte der Henrichshütte 2015/16 in Ton, Film und Bild ihrer Hütte wieder Gesicht und Stimme gaben. Außerdem engagierte sie sich für das Projekt “FrauenLebensWelten”, das im vergangenen Jahr mit einer Ausstellung und einem Dokumentarfilm an die Öffentlichkeit ging.
- Ahmad Hasan fertigt unter seinem Künstlernamen „Mardini“ Collagen an und veröffentlicht sie auf Instagram unter @echoes_from_damascus.
- Julia Nitschke betreibt in Bochum das „atelier automatique“ mit und hat mit polnischen Seniorinnen Interviews geführt.
- Firat Bulcurcu arbeitet bei der IFAK im Projekt „RE:VISION“, einem Präventionsprojekt für die Justiz, das Demokratie im Justizvollzug fördert. Hierbei spielen Biographien eine große Rolle.
- Astrid Thews an der Volkshochschule Bochum zuständig für die Bereiche Gesellschaft und Politik.
- Liridona Ahmetaj und Andreas Stiewe arbeiten im Modellprojekt „Guter Lebensabend NRW – Kultursensible Altenhilfe und Altenpflege für Seniorinnen und Senioren mit Einwanderungsgeschichte.“
Und das waren noch nicht alle! Weitere Teilnehmende mit und ohne Migrationserfahrungen erzählten ebenfalls spannende Geschichten. Ich bin begeistert über diese Bündelung an Expertise und dem großen Interesse, dass sie Menschen und ihren Geschichten entgegenbringen und sie öffentlich machen. Nur, wenn wir voneinander wissen, können wir einander verstehen!
Herzlichen Dank an Patrick Ritter und Alexis Rodriguez für die Organisation dieser inspirierenden Begegnungen!