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Poul & die Video-Ste­le in Bottrop

Wie schön war es, Poul beim Auf­takt der Inter­kul­tu­rel­len Wochen in Bot­trop wie­der­zu­se­hen! Am Sonn­tag, 26.09.2021 star­te­te sie mit einem leben­di­gen Got­tes­dienst mit Pfar­re­rin Anke-Maria Büker-Mamy, Danie­la von Bre­men von der Inte­gra­ti­ons­agen­tur der Ev. Kir­che, Ober­bür­ger­meis­ter Bernd Tisch­ler und Judith Neu­wald-Tas­bach von der Jüdi­schen Gemein­de in Gel­sen­kir­chen. In der Mar­tins­kir­che genos­sen wir außer­dem die jid­di­sche Musik des Quar­tetts „Jan­ke­le“ aus Bottrop.

Anschlie­ßend wur­de „Die Biblio­thek der geret­te­ten Erin­ne­run­gen“ eröff­net. Die­se Wan­der­aus­stel­lung erzählt anhand von Schau­ta­feln, Gegen­stän­den und Inter­views jüdi­sche Lebens­ge­schich­ten aus 15 Län­dern. Dazu passt auch gut unse­re Migra­ti­ons­ge­schich­ten auf der Video-Ste­le, die bis zum 10. Okto­ber im Mar­tins­zen­trum ste­hen wird.

Hier traf ich nach dem Got­tes­dienst Poul wie­der. Bei einer gemüt­li­chen Tas­se Kaf­fee berich­te­te er mir von den Reak­tio­nen auf sein Inter­view und sei­nen Gedan­ken dazu. „Am Anfang kam gar nichts“, erzähl­te Poul, der in den 1970er Jah­ren aus Däne­mark nach Deutsch­land kam, „das Video war wohl nicht bekannt. Aber dann hat mein Sohn ande­ren davon erzählt und ich habe nur Posi­ti­ves zu hören bekom­men!“ Dabei hat­te Poul nach dem Inter­view auch Zwei­fel. „Ich habe mich doch sehr kri­tisch über die Behör­den geäu­ßert. Viel­leicht hat das nicht allen gefal­len“, so Poul. Aber dann dach­te er sich, viel­leicht sei gera­de er in der Lage, sich zu die­sem The­ma zu äußern. Denn Men­schen, die mit­ten im Asyl- oder Ein­bür­ge­rungs­pro­zess steck­ten, trau­ten sich das mög­li­cher­wei­se nicht.

„Es kommt zu vie­len Ver­let­zun­gen im Inte­gra­ti­ons­pro­zess weil die Büro­kra­tie manch­mal so starr­sin­nig und fremd ist“, hat Poul erfah­ren. Immer wie­der leg­te man ihm Stei­ne in den Weg: Auf­ent­halts­er­laub­nis, Füh­rer­schein, die gefor­der­ten Unter­la­gen für die Hei­rat – alles war viel kom­pli­zier­ter als in Däne­mark. Geblie­ben ist er trotz­dem, aus Lie­be zu sei­ner Frau.

Als Poul sein Gesicht so groß auf dem Moni­tor sieht, muss er schmun­zeln. Lau­ter Punk­te sind dar­auf zu sehen – Spie­ge­lun­gen von der geloch­ten Decke. Viel­leicht brau­chen wir einen Schirm über dem Monitor …

Die Biblio­thek der geret­te­ten Erin­ne­run­gen ist bis zum 8. Okto­ber in der Mar­tins­kir­che zu Gast.